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DESTINO, DALÍ
UND DISNEY
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DESTINO, DALÍ
I DISNEY

DE

Ein Beitrag von Selina Schäfer

 

Eine junge Frau schreitet aus einer kargen, wüstenähnlichen Landschaft heraus auf den Zuschauer zu. Sehnsuchtsvolles Summen zu Gitarrenklängen aus einem anderen Jahrhundert untermalt die Stimmung. Wir sehen den Anfang eines Kurzfilms, der bereits in der ersten Minute zwei Dinge klar erkennen lässt: Die Frau entstammt unverkennbar dem Hause Disney und dieser Film ist surreal. Kein Wunder, denn Destino ist eine Kooperation zwischen Salvador Dalí und dem heutzutage eher für Kinderanimationen bekannten Walt Disney. Eine zunächst befremdliche Kombination. Tatsächlich verband die beiden –in ihrem jeweiligen Metier herausragenden Künstler– wohl aber eine FREUNDSCHAFT.

Salvador Dalí wurde 1904 in dem katalanischen Städtchen Figueres geboren. Der Künstler mit seinem markanten Kennzeichen, dem imposanten Schnurbart, ist mit seinen Gemälden und Skulpturen tief im Surrealismus verwurzelt. Auch Nicht-Kunstkennern dürfte eines seiner berühmtesten Bilder, das Gemälde Die Beständigkeit der Erinnerung (kat: La persistència de la memòria) mit den zerfließenden Uhren, bekannt sein. Alles in seinen Werken ist eher symbolhaft als real, geradezu ‚traumhaft‘. Der etwas exzentrische Künstler hat aber während seines Schaffens eben auch mit einigen Filmemachern zusammengearbeitet. Zu den bekanntesten zählen sicherlich Luis Buñuel (Ein andalusischer Hund, 1929) und Alfred Hitchcock (Spellbound, 1945).


Aus seiner Zusammenarbeit mit Walt Disney ging 1945 der Kurzfilm mit dem schicksalhaften Namen Destino hervor. Oder besser gesagt: Hätte hervorgehen sollen. Denn der Film blieb nach rund acht Monaten Produktion zunächst unvollendet. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage des Filmstudios durch den Zweiten Weltkriegs wurde die Arbeit eingestellt – Entwürfe und nur 15 Sekunden vollendetes Material verstaubten über Jahrzehnte in Archiven. Erst 2003 wurde der Kurzfilm mit Hilfe noch vorhandener Skizzen, Zeichnungen und Gemälden sowie dank Gala Dalís Tagebüchern vollendet. Rund 1,5 Millionen Dollar kostete diese Produktion. 2004 wurde er für den Oscar als 'Bester animierter Kurzfilm' nominiert.


Das Ergebnis ist eine erstaunliche Fusion von Disney-typischer Tricktechnik, der mit modernen Mitteln nachgeholfen wurde und einem lebendigem Dalí Gemälde. Die Protagonistin im Stil einer klassischen Disney-Prinzessin tanzt und wandert durch die surrealistischen bis grotesken Landschaften von Dalí. Nicht verwunderlich also, dass der Zuschauer der Handlung des mit dalíesken Symbolen gespickten Kurzfilms nicht immer folgen kann. Maßgeblich getragen wird der Film daher auch von dem gleichnamigen Chanson Destino, gesungen von Dora Luz: Die Musik macht die Sehnsucht der unbekannten Schönheit nach ihrem Geliebten, dem griechischen Titan Chronos, spürbar. Wie bei einem Dalí-Bild gilt es, sich einfach von der Immersion und Faszination von Destino mitreißen zu lassen.

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